Leitfaden für verständliche Gesundheitsinformationen

Leitfaden für verständliche Gesundheitsinformationen

Damit Gesundheitsinformationen auch sozial benachteiligte Menschen erreichen, müssen sie einfach verständlich und leicht zugänglich sein. Ein neuer Leitfaden des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK) und des Bundesamts für Gesundheit (BAG) unterstützt Fachpersonen dabei.

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migesplus-Team

Erreichen wir mit unseren Informationen wirklich alle? Diese Frage sollten sich Gesundheitsinstitutionen stellen, fordert der 11-seitige Leitfaden gleich zu Beginn. Denn jede Zielgruppe ist so vielfältig wie die Gesellschaft selbst. Immer gehören auch Menschen dazu, die durch ihre Lebensumstände sozial benachteiligt sind – etwa Personen mit geringem Einkommen, niedrigem Bildungsstand oder Migrationshintergrund. Letztere sind besonders herausgefordert, wenn ihre gesellschaftliche Teilhabe erschwert ist oder sie mit belastenden Migrationserfahrungen leben.

Hürden auf beiden Seiten

Diese Bevölkerungsgruppen stossen auf Hindernisse, wenn sie Gesundheitsinformationen suchen, verstehen und bewerten wollen. Die Barrieren reichen von mangelnden Kenntnissen einer Schweizer Landessprache über geringe Lesefähigkeit – ein Problem bei jeder fünften Person in der Schweiz – bis hin zu unzureichender Gesundheitskompetenz. Doch auch Fachpersonen und Organisationen schaffen Hürden, wenn sie unverständliche Informationen verbreiten oder nicht dafür sorgen, dass diese bei der Zielgruppe ankommen. Fehlendes Bewusstsein für gesundheitliche Ungleichheit kann dabei eine zentrale Rolle spielen.

«Zentrale Zielgruppe»

Gesundheitliche Chancengleichheit ist keine Nebensache. Gesundheitsinformationen müssen die gesellschaftliche Realität abbilden, wenn sie Wirkung erzielen sollen. Sozial benachteiligte Menschen haben nachweislich ein erhöhtes Krankheitsrisiko. «Sie sind deshalb eine zentrale Zielgruppe von Gesundheitsinformationen», betont Projektleiterin Katharina Liewald, Co-Leiterin der Plattform migesplus beim SRK.

Schritt für Schritt

Ob Broschüren, Kampagnen, Videos oder Websites: Gesundheitsinformationen sollten einfach verständlich und leicht zugänglich sein. Das lässt sich mit überschaubarem Aufwand umsetzen, denn bewährte Methoden und konkrete Empfehlungen liegen vor. Der Leitfaden zeigt, worauf es in allen Phasen ankommt – von der Planung über die Produktion bis zur Verbreitung. Nutzerinnen und Nutzer erfahren unter anderem:

  • Wie man Zielgruppen – etwa Menschen mit Migrationshintergrund oder Armutsbetroffene – einbezieht, und weshalb das entscheidend ist.
  • Welche Faktoren das Budget beeinflussen.
  • Wie Videos und Audios Informationen verständlicher machen.
  • Was bei der Gestaltung von Websites und Apps zu beachten ist.
  • Wie einfache Sprache funktioniert, und worauf es dabei ankommt.
  • Wann Übersetzungen in Erstsprachen der Migrationsbevölkerung sinnvoll sind.
  • Wie Vielfalt ohne Klischees dargestellt wird.
  • Über welche Kanäle die Informationen die Zielgruppe erreichen.

Praxisnah und übersichtlich

Der Leitfaden steht als PDF zum Download zur Verfügung (siehe Info-Box) und bietet einen kompakten Überblick. Wer einen Punkt vertiefen möchte, findet Links zu ausführlichen Quellen und Hinweise auf Beratungsmöglichkeiten. Eine Checkliste hilft, an alles zu denken. «Wir wollen Fachpersonen ein praxisnahes Instrument an die Hand geben, das Wissen bündelt», erklärt Katharina Liewald. Der Leitfaden richtet sich an bereits sensibilisierte Fachpersonen wie auch an solche, die mit der Thematik noch weniger vertraut sind.

Mehr Akzeptanz durch Nähe

Der Aufwand lohnt sich, wie sieben Stimmen aus der Praxis im Leitfaden aufzeigen. Angelika Hayer von der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung berichtet, wie ein mehrsprachiger Leporello in Zusammenarbeit mit Schlüsselpersonen aus verschiedenen Herkunftsländern entstand. Das Ergebnis: «Ein echtes Plus für mehr Akzeptanz und Nähe zur Zielgruppe.» Wenn sich Gesundheitsfachpersonen und Armutsbetroffene öfter austauschen, wächst das gegenseitige Verständnis, sagt Perry Proellochs von der Organisation ATD Vierte Welt.

Adrian Kammer, Leiter der Sektion Gesundheitsinformationen und Kampagnen beim BAG, unterstreicht: «Wir unterstützen gesundheitliche Chancengleichheit durch inklusive Kommunikation.» Jeder Mensch soll die Möglichkeit haben, die eigene Gesundheit zu verbessern und zu bewahren, unabhängig von Sprache, Bildung oder Einkommen. «Wir Fachpersonen tragen die Verantwortung, faire Zugänge zu den Informationen zu schaffen», ergänzt SRK-Expertin Katharina Liewald. Und: verständliche Gesundheitsinformationen nützen letztlich allen.

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